28. September 2018 (Zürich)
2018-09-28
Öffentliche Tagung
»Scham
und Beschämung – Vom Sinn der Scham
und der Macht der
Beschämung/Strategien der Selbstbehauptung«
Anlässlich des neuen Buches »Lob der Scham« von Daniel Hell
»Die Macht, die die Scham über unser Leben hat, ist gewaltig.« – schreibt Till
Briegleb in seinem Buch »Die diskrete Scham«; und: Die Scham »berührt unser
Liebesempfinden und dirigiert unsere Ängste, sie fesselt unsere Aktivität und
Ehrlichkeit, doch sie setzt auch immer wieder ungeheure Widerstandskräfte frei,
sie feuert unsere Kreativität und Intelligenz an, schafft aber auch
verderbliche Mythen. Scham begegnet uns auf Schritt und Tritt als soziale
Kontrolle und fragt ständig nach der Richtigkeit unseres Verhaltens. Kaum ein
anderes Gefühl besitzt so vielgestaltige Konsequenzen für unser Sein und
Handeln. Denn all unsere Lebensbereiche sind strukturiert nach Massgaben, die
etwas mit dem Schutz vor Verletzungen zu tun haben, und jede Form der
psychischen Verletzung berührt auch das Schamempfinden«.
Die Scham, so Daniel Hell in seinem neuen Buch »Lob der Scham«, nimmt im
menschlichen Leben »eine Schlüsselrolle« ein und lässt Menschen besser
verstehen, wenn wir die Scham eines Menschen berücksichtigen. Sicher ist, dass
Scham ein kompliziertes menschliches Gefühl ist. Sich zu schämen ist eine
existenzielle Grunderfahrung. In der Scham wird Verletzlichkeit, Schwäche und
Ohnmacht erlebt. Der Mensch erfährt sich in der Scham in besonderer Weise auf
sich selbst zurück geworfen. Scham ist ein Selbstgefühl, das den Menschen
auszeichnet. Nicht selten wird sie mit dem Bild einer Wächterin verglichen.
Scham ist eben nicht nur ein unangenehmes Gefühl, das sich besonders dann
einstellt, wenn ein Mensch beschämt wird, wenn er sich in einer Schwäche bloß gestellt
erfährt, wenn Persönliches öffentlich wird. Die Scham hat auch die wichtige
Aufgabe des Schutzes intimer und verletzlicher Seiten. Sie beschützt die
Gefühle eines Menschen, sein Intimstes, sein seelisches Erleben.
In seiner Studie »Die Maske der Scham« schreibt Léon Wurmser: Die Funktion der
Scham ist es, »das Selbst vor übermässigem Ausgesetztsein oder
Blossgestelltsein und vor zudringlicher Neugier« zu behüten. Friedrich
Schiller, selbst vielfach chronisch krank, formulierte über die ›Würde des
Menschen‹ die Bedeutung des Schutzes vor Entblössung: »Habt ihr die Blösse
bedeckt, gibt sich die Würde von selbst«.
Eine Würdigung der Funktionen der Scham darf aber nicht zu einer Idealisierung
geraten. Menschen, die wiederholt oder dauerhaft von Schamgefühlen gepeinigt
werden, sich in Erfahrungen der Abweisung oder Verachtung beschämt und bloß
gestellt erfahren, beschreiben das Gefühl der Scham häufig als eines der
Niederlage, der Unterlegenheit, der seelischen Verwundung und psychischen
Kränkung.
Was ist das Wesen der Scham? Welchen Sinn hat die Scham? Nüchtern gefragt:
Welche Funktionen zur Selbstentwicklung und Reifung eines Menschen kann sie
erfüllen? Wie können wir mit Schamgefühlen so umgehen, dass sie nicht zu
fruchtloser Verzagtheit und Selbstpeinigung führt, sondern für ein
selbstverantwortliches Leben stärkt? Welche Bedeutung haben Achtsamkeit und
Respekt im Umgang mit Scham in der Begegnung und Begleitung seelisch und
körperlich leidender und kranker Menschen? Wie gehen wir mit Scham- und Unterlegenheitsgefühlen
in einer Gesellschaft um, die von Individualisierung und neuartigen Formen
sozialer Konkurrenz gekennzeichnet ist? Welche Strategien der Selbstbehauptung
schützen vor Beschämung und Demütigung? Wie sind die Zusammenhänge zwischen
Moral und Gefühl, Macht und Würde?
Termin:
28. September 2018
Veranstaltungsort:
Volkshaus Zürich
Weisser Saal
Stauffacherstrasse 60
8004 Zürich
Kontakt:
Forum Gesundheit und Medizin
Postfach 425
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Telefon: 044 980 32 21
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