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Liedermacher erinnert an Gefängnis und Folter

Wenn der Psychoanalytiker und Liedermacher Karl-Heinz Bomberg zu seiner Gitarre greift, Geschehnisse aus seiner DDR-Haft besingt oder in seinem Buch »Heilende Wunden – Wege der Aufarbeitung politischer Traumatisierung in der DDR« andere Zeitzeugen, ehemalige Häftlinge zu Wort kommen lässt, dann ist es im Pforzheimer DDR-Museum mucksmäuschenstill. Denn das Erlebte berührt, geht unter die Haut. »Die Zelle war zirka 2,5 mal 3,5 Meter groß, düster und kaum Licht vorhanden. Es gab kein Wasser und kein Waschbecken. In der Ecke stand ein runder Blechkübel mit Deckel, worin ich meine Notdurft verrichten musste. Der Gestank von Ammoniak lag in der Luft«, schildert der Arzt, Autor und Liedermacher aus Berlin das Schicksal von Gino Kuhn, der als Fluchthelfer tätig war und das im Gefängnis Erlebte später auch in Kunst, in düsteren und beklemmenden Bildern aufarbeitete, die ebenfalls in Pforzheim zu sehen waren. »Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir brauchen die Mitmenschen. Das bemerkt man spätestens in der Zelle«, sagt der Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, der immer wieder Menschen wegen ihrer politischen Traumatisierung behandelt.

tl_files/fm/Download/Presse/Bildschirmfoto 2018-07-02 um 10.06.09.png»Die Anfangszeit im Gefängnis ist die schlimmste«, weiß Bomberg aus eigener Erfahrung. »Sind Sie der Liedermacher Bomberg? Wir hätten da mal ein paar Fragen zu ihren Liedern, Zweck und Sinn«, singt der Arzt leise und bewegt. Auch Besuchserlebnisse hält Bomberg musikalisch fest. An jene Zeit erinnert ebenso der Zellenblues.
Doch es sind nicht nur die Lieder, die schmerzhafte, aber auch schöne Erinnerungen – auch diese verbindet Bomberg mit der DDR – zurückbringen.
Vor allem aber ist es das Erlebte vieler politischer Gefangener in der DDR, was Bomberg auch im Buch festhält. »Die menschliche Folter ist das Schlimmste, weil sie gezielt angewendet wird«, ist der Arzt überzeugt. Der innere Dialog entscheide über das Überleben, aber auch Religion, Gebet und Spiritualität hielte politische Gefangene am Leben. Bomberg erinnert sich an Yoga-Übungen, die ihm im Gefängnis eine Hilfe waren.
»Auch wenn einige dahinter eine konspirative Bewegung vermuteten, konnte ich diese davon überzeugen, dass es sich um gesundheitsfördernde, regulierende Maßnahmen handelt«, sagt der Psychotherapeut mit einem Schmunzeln.


Silke Fux, Pforzheimer Zeitung vom 28. Juni 2018


Weitere Lesungen von Karl-Heinz Bomberg in unserem Veranstaltungskalender:


15. August 2018 (Perleberg)

4. September 2018 (Halle)

9. September 2018 (Dresden)

11. September 2018 (Potsdam)

18. September 2018 (Hiddensee)

28. September 2018 (Angermünde)

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Heilende Wunden
Wege der Aufarbeitung politischer Traumatisierung in der DDR
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Karl-Heinz Bomberg widmet sich den verschiedenen Bewältigungsformen politischer Traumatisierung in der DDR von psychoanalytischer Therapie, sozialen Netzwerken, Humor und Reisen bis hin zu Kunstproduktion, indem er Betroffene selbst zu Wort kommen lässt und ihren Bildern einen öffentlichen Raum zur Verfügung stellt. Mit theoretischen Erläuterungen verleiht er den Berichten und Bildern der Betroffenen einen wissenschaftlichen und künstlerischen Rahmen. [ mehr ]

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